Ausgabe Dezember 2025

Georgien: EU-Kandidat auf Autokratiekurs

Eine Frau geht an einem pro-europäischen Graf­fi­to in Tbilissi entlang, 25.9.2025 (IMAGO / NurPhoto)

Bild: Eine Frau geht an einem pro-europäischen Graf­fi­to in Tbilissi entlang, 25.9.2025 (IMAGO / NurPhoto)

Als die Europäische Kommission Anfang November 2025 ihren jährlichen Erweiterungsbericht vorstellte, fiel das Urteil über Georgien ungewöhnlich scharf aus. Die Erweiterungskommissarin Marta Kos sprach von einem Beitrittskandidaten „in name only“ – nur dem Namen nach. Das Land, das einst als demokratischer Hoffnungsträger der Östlichen Partnerschaft galt, habe in nahezu allen Bereichen der Rechtsstaatlichkeit und politischen Teilhabe schwere Rückschritte erlitten. Die Liste ist lang: Repressionen gegen politische Gegner, Einschränkung von Bürgerrechten, Missachtung rechtsstaatlicher Prinzipien, fortschreitender Abbau institutioneller Unabhängigkeit. Das EU-Reformprogramm, das Rechtsstaatlichkeit, die Unabhängigkeit der Medien, die Korruptionsbekämpfung und eine Deoligarchisierung vorsieht, wurde in keinem der Punkte erfüllt. Noch vor wenigen Jahren schien Georgien auf einem stabilen europäischen Weg. Heute befindet es sich mitten in einem autoritären Umbau. 

Seit den manipulierten Parlamentswahlen[1] im Oktober 2024 herrscht in dem Land ein System, das sich formal demokratischer Formen bedient, in dem faktisch aber die Macht in den Händen einer Oligarchie konzentriert ist. Träger dieser Entwicklung ist die seit 2012 regierende Partei „Georgischer Traum“ (GD), gegründet vom Milliardär Bidsina Iwanischwili.

»Blätter«-Ausgabe 12/2025

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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